Leichtbau : Alpex Technologies: Tiroler baut für Russen und Chinesen Flugzeugteile

Thomas Jäger
© Standortagentur Tirol

Ein kleines unscheinbares Blatt Papier soll der Anfang einer großen gemeinsamen Zukunft sein. Thomas Jäger hält es in seiner Hand. Es ist der Entwurf des neuen Langstreckenjets von China und Russland. Gemeinsam wollen die zwei Supermächte mit dem Projekt „Long Range White Body Civil Aircraft“ Deutschland und USA kräftig unter Druck setzen. Seit 2014 rüsten sie für ein noch leichteres Gegenstück zum A350 von Airbus und dem Dreamliner von Boeing. Schon 2021 soll sich der Russland/China-Jet in die Lüfte erheben und dabei komplett aus karbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) bestehen. Eine junge Technologie, wo die Tiroler seit zehn Jahren weltweites Renommee genießen und deshalb auch bei diesem Megaprojekt ganz vorne mitmischen.

Bauteile so wiederstandfähig wie Stahl

Ultraleicht, korrosionsbeständig und noch dazu widerstandsfähig wie Stahl: Diese Eigenschaften machen Karbonfasern so interessant für den Flugzeugbau und die Automobilindustrie. Zwei Branchen mit denen Jäger mittlerweile bestens vertraut ist. Von Mils aus will er die ganze Welt erobern. Auf sein Gespür für den Markt vertrauend, spezialisierte sich der gelernte Maschinenbauer vor zehn Jahren auf die Composite-Branche. Das Kern-Know-how seiner Firma Alpex Technologies ist dabei Herstellung von Fertigungsmitteln für die Herstellung von CFK-Bauteilen. Was damals mit einer kleinen Fertigungsfirma begann, ist heute ein 65-Mann-starker Hightech-Betrieb. Ihre Expertise lässt die Tiroler mittlerweile bei Konzernen wie Airbus, BMW, Audi und kürzlich auch dem russischen Flugzeugbauer Irkut aus- und einmarschieren. Die Spezialität von Alpex: Fertigungswerkzeuge und Formen für Karbonfasermatten. Jäger erklärt das wie folgt: „Das trockene Textil, die CFK-Matte, wird in unsere geschlossenen Formen gelegt. Danach wird in einem Vakuum unter Hochdruck Harz injiziert.“ Das Harz bildet die Verbindungsstruktur, die sogenannte Matrix, welche sich mit der Karbonfaser zum Composite-Material verbindet. Nur so werden die Bauteile so widerstandsfähig wie Stahl.

Airbusprojekt mit Folgen

Solche Formen für die Karbonfaserfertigung bauen, können andere auch. Das wirkliche Können der Tiroler liegt im Grunde ganz woanders. Denn im Gegensatz zu ihrem Mitbewerb helfen sie ihren Kunden nicht nur bei der Fertigung sondern vor allem bei der Entwicklung einzelner Bauteile. Es ist das Know-how, durch Prestigeaufträge wie von Lamborghini und Airbus, das sie jetzt so erfolgreich macht. So fertigten sie zum Beispiel zusammen mit Airbus Helikopters die Randträger für die Türen des A350. Es gelang den Tirolern die Form dieser Bauteile so umzudesignen, dass sie heute komplett mit Kohlefaser hergestellt werden können. Zum ersten Mal gelingt es im Hochdruckverfahren das Harz in die mit Kohlefasermatten ausgelegte Form zu injizieren. Eine Technologie, die der Luftfahrt aufgrund der Größe ihrer Bauteile oft verwehrt blieb, aber umso begehrter ist. Statt ursprünglich sieben Stunden (herkömmliches Niederdruckverfahren) schafft es Airbus heute diese Randträger in nur zwei Stunden zu fertigen. Der Konzern antwortet damit auf die starke Nachfrage seines A350 Models. Immerhin soll der leichte Vogel um ein Viertel weniger Kerosin verbrauchen als alle seine Vorgänger.

Bediener beider Welten

Nicht von ungefähr kommt das Interesse der Luftfahrt für das Hochdruckverfahren. „Wenn die Airbusfertigung die Anzahl ihrer Flugzeuge alle 15 Jahre verdoppelt, braucht es schnellere, automatisierte Fertigungsmethoden“, so Jäger. Diese finden die Luftgiganten bei der Automobilindustrie. Umgekehrt interessieren sich die Autoproduzenten sehr für das CFK-Know-how der Flugzeugbauer. Zwei Branchen, die immer enger miteinander verwachsen. So sieht es zumindest Jäger und genau diese Bewegung spielt den Tirolern momentan in die Hand. Denn Alpex bedient beide Welten.

Automotive Markt brodelt

Konnten die Tiroler auch ihre ersten Erfolge in der Luftfahrtbranche verzeichnen, sind es zurzeit ausgerechnet die Automobilhersteller, in die Jäger seine Hoffnungen setzt. „Dieser Markt brodelt“, so der Tiroler. Gerade im Automobilsektor habe er viel weniger Mitbewerber zur fürchten. Mit dem Know-how aus der Luftfahrt wollen sie jetzt alle bekannten OEMs erobern. Türöffner war ein Lamborghini Projekt. Wo Alpex Produktionswerkzeuge für die automatisierte Serienproduktion von Carbonbauteilen lieferte. Dem folgten fast im Jahrestakt Anfragen aus USA, Japan, Korea und kürzlich auch aus China. Ein Grund warum Jäger jetzt den Schritt ins Ausland wagt. Schon Ende April will er in Michigan, USA seine erste Niederlassung eröffnen. Ein cleverer Schritt mit einer einfachen Strategie dahinter: Alpex will sein Know-how der Automobilindustrie anbieten. Zusätzlich wollen die Tiroler die Ausstattung eines Forschungslabors in South Carolina übernehmen und dort sitzt bekanntermaßen Nabel der Boeing Fertigung. Und spätestens seit dem Airbusdeal, wissen auch die Amerikaner von der Tiroler Technik.

China, der schnellste Geschäftspartner

Nur eine halbe Stunde vor dem Besuch von Factory, verließ gerade eine neunköpfige Delegation aus Korea das Büro von Jäger. Heißestes Eisen bleiben aber die Chinesen. In nur vier Wochen - vom Erstbesuch bis zum Großauftrag – hatte Jäger einen Auftrag eines 40-Milliarden-schweren chinesischen Konzerns am Tisch liegen. Sein Fazit: „Wegen der Smog-Belastung geben die Chinesen in Sachen Elektromobilität Vollgas und suchen das Know-how dafür.“ Ob dort schon die nächste Alpex-Niederlassung entstehen könnte, beantwortet Jäger dann doch zurückhaltend: „Dieser Markt ist ein sehr heißes Thema für uns. Wir wollen aber zuerst in den USA Fuß fassen. “

Dass der Tiroler Unternehmer ein gutes Gespür für neue Technologien hat, bestreitet heute fast keiner mehr. Längst hat er seine Augen auch auf 3D-Druck gerichtet. Neue Formen und die Möglichkeit dünnwandige Schalen generisch aufbauen zu können, reizt die Entwicklungsmeister bei Alpex schon lange. „Damit könnten wir noch bessere Formen für CFK-Bauteile entwickeln“, so Jäger. Wo das Verfahren des Metallspritzens versagte - und die Tiroler testeten es über fünf Jahre hinweg - soll jetzt die generative Fertigung helfen.